Vortrag von Prof. Dr. Rüdiger Glaser (Umweltsozialwissenschaften und Geographie, Universität Freiburg im Breisgau)
Klimawandel und CO2-Ausstoß sind im Jahr 2019 umweltpolitische Themen, die in der öffentlichen Wahrnehmung eine wichtige Rolle einnehmen – insbesondere seit der medienwirksamen Bewegung „Fridays for Future“. Rüdiger Glaser, Professor für Physische Geographie am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie an der Universität Freiburg im Breisgau, erläuterte in seinem Vortrag für die Musella-Stiftung in Kooperation mit der Katholischen Akademie Freiburg die wissenschaftlichen Erkenntnisse über den vom Menschen verursachten Klimawandel. Weiterhin konzentrierte er sich auf den Stand, die Folgen und Perspektiven insbesondere im Südwesten Deutschlands und den angrenzenden Gebieten.
Die CO2-Emissionen sind in Deutschland seit 1990 um ca. 30% zurückgegangen, doch gibt es einige Bereiche, beispielsweise den Verkehr, in dem eine leichte Zunahme der Emissionen stattfindet. Weltweit gesehen ist der CO2-Ausstoß in den USA und der Europäischen Union ebenfalls rückläufig, doch wird dieser positive Effekt durch einen enormen Anstieg der Werte in China zunichte gemacht, und auch die Werte in Indien und zukünftig in Afrika sind tendenziell ansteigend. Ein weltweites politisches Handeln ist daher notwendig. Beispiele aus der Vergangenheit belegen, dass globale Vereinbarungen helfen, wie beim weltweiten Verbot von FCKW im Rahmen des Montreal Protokolls in den 1980er Jahren zum Schutz der Ozonschicht. Im nationalen Rahmen ist der massive Rückgang von SO2 (Schwefeldioxod) Emissionen im Kontext des „Sauren Regens“ der 1980er Jahren durch entsprechende staatliche Regelungen zu benennen.
Klima verändert sich auf verschiedenen Skalen. Der Wechsel von Kalt- und Warmzeiten in den letzten 2.5 Millionen Jahren ist durch die unterschiedlichen planetarischen Konstellationen wie etwa der Änderung der Schiefstellung der Erde oder der Rotationsbewegungen, wie sie in den Milanković-Kurven berechnet werden. In der heutigen Warmzeit, dem Holozän, das vor ca. 11.300 Jahren begann, herrschten relativ stabile Temperaturverhältnisse. Der starke Temperaturanstieg um 0,7°C in den letzten ca. 150 Jahren ist auffällig. Es ist gesichert, dass dieser Anstieg auf den zunehmenden Ausstoß von Kohlendioxid seit Beginn der industriellen Revolution verursacht wurde. Seit den 1950er Jahren ist der Kohlendioxidanstieg an allen Messstationen, seit 1970 auch am Schauinsland gemessene Realität. Seit Beginn der amtlichen Wettermessungen in Deutschland seit 1881 war 2018 nicht nur das heißeste, sondern auch das trockenste Jahr. Weiterhin lässt sich eine Zunahme von Klimaextremen wie Hitze- und Schwületage, Hochwasser, Starkregen sowie Dürren und Trockenheit im Oberrheingebiet feststellen. In einem Projekt wertete ein Team um Prof. Glaser historische Daten der letzten 500 Jahre aus und konnte aufgrund von Aussagen in den Quellen ebenfalls klimatische Veränderungen dokumentieren (tambora.org).
Weitere und offensichtliche Indikatoren für den Klimawandel sind der Rückgang der Alpengletscher, die Verkürzung des phänologischen Winters und die Verlängerung des phänologischen Sommers, v.a. der auffällige vorgezogene Beginn des Frühjahrs in Deutschland (Phänologische Uhr Deutschland). Diese klimatischen Veränderungen wirken sich auf die Biodiversität und die wirtschaftlichen Zusammenhänge im Oberrheingebiet aus. So kann dort beispielsweise seit einigen Jahren Soja angebaut werden. Andererseits kann es durch vermehrte Hochwasser und Niedrigwasser am Rhein zu Transportproblemen und Kapazitätsengpässen bei Rohstoffen führen. Für die Zukunft konnte Professor Glaser statistische Berechnungen zeigen, die auf eine zwanzigprozentige Zunahme der Niederschläge im Winterhalbjahr sowie eine gleichzeitige Abnahme der Sommerniederschläge. Glaser nannte diese saisonale Zuschärfung eine „leichte Mediterranisierung des Niederschlagsgeschehens“. Weiterhin kommt es laut Berechnungen zu einer Vervierfachung von Tropennächten mit über 20°C bis zum Ende des 21. Jahrhunderts.
Wegen der negativen Zukunftsaussichten sollten so schnell wie möglich weltweit Maßnahmen gegen den CO2-Ausstoß und den daraus folgenden Klimawandel ergriffen werden. Zu ihnen gehört die Vermittlung der Problematik in Schulen, Klimaschutzkonzepte in Kommunen und die bereits bekannten Maßnahmen in Mobilität, Bau und Energiegewinnung. Weiterhin müssen weniger Flächen versiegelt sowie Windkraft und Solarenergie ausgebaut werden. Technische Veränderungen (Climate Engineering) müssen neue klimafreundliche Konzepte in Mobilität und Stromerzeugung vorantreiben.
Dr. Stephan Seiler