Vortrag Caroline Ring, Evolutionsbiologin, Journalistin und freie Autorin
Städte gelten nicht als natürliche Lebensräume. Doch auch hier vibriert die Natur – Tiere und Pflanzen arrangieren sich mit den gegebenen Bedingungen. In einem kurzweiligen Vortrag berichtete die Biologin und Autorin Caroline Ring über das Zusammenleben von Tieren, Pflanzen und Menschen in urbanen Lebensräumen. Was gibt es in unseren Städten zu entdecken?
Nachtigall ick hör dir trapsen!
Man hätte es ahnen können. Berlin ist die Hauptstadt der Nachtigallen. Mitte Mai ist ihr Gesang allgegenwärtig. Dabei sind sie sehr unscheinbar und in den Gehölzen kaum zu sehen, denn es handelt sich um KBV: Kleine braune Vögel! Obwohl man sie „öfter hört als sieht“, so Caroline Ring, leben in Berlin wahrscheinlich mehr Nachtigallen als in ganz Bayern. Sie haben sich gut an den städtischen „Naturraum“ gewöhnt. Hier in Berlin werden nicht so viele Büsche zurückgeschnitten, der Unterwuchs bietet den Vögeln viele Ansiedlungsmöglichkeiten. Es gibt viele verschiedene Biotope mit Bäumen und Sträuchern als Verstecke und offene Flächen, z.B. Wiesen, zur Nahrungssuche. In Berlin gibt es die größte Vielfalt an Vögeln auf relativ kleiner Fläche. Auf einen Stadtbewohner kommen schätzungsweise zwei bis drei Vögel! Obwohl Städte stark versiegelt sind und auf den ersten Blick naturfern erscheinen, findet die Natur ihren Weg in Parks, Gärten, Friedhöfe und Industriebrachen. Alte Bäume stehen in Siedlungen, Bahntrassen sind Lebensräume, die nach und nach zurückerobert werden. Neben der Nachtigall findet man in Berlin auch immer wieder Vögel, die andernorts selten geworden sind. Zum Beispiel den Gartenrotschwanz, der bundesweit auf der Vorwarnliste für gefährdete Arten steht.
Bemerkenswert hoch und gerade: Waldtraut
Waldtraut vom Mühlwald, die Douglasie, gilt als höchster Baum Deutschlands. Sie steht im Freiburger Stadtforst Günterstal. Hier, im so genannten Arboretum, ist sie nicht allein, denn im Freiburger Stadtwald gibt es mehrere Douglasien. Vielleicht ist Waldtraut nicht der höchste Baum Deutschlands, aber immerhin der höchste, der jemals gemessen wurde. Die Douglasien konnten hier so gut wachsen, weil sie durch Wettbewerb immer höher werden. Konkurrenz belebt das Geschäft und so spornen sich die Bäume gegenseitig zum Wachstum an. Die Douglasie ist keine einheimische Baumart. Ihren Namen verdankt sie dem schottischen Botaniker David Douglas, der sie nach einer Expedition aus Nordamerika mit nach Europa brachte. „Bemerkenswert hoch und gerade“ sei die neu entdeckte Art. Da sie wenig Ansprüche an ihren Standort stellt, ist die Douglasie ein Baum, der im Hinblick auf den Klimawandel gerne gepflanzt wird. Allerdings beansprucht sie die Flächen sehr schnell für sich und steht im Verdacht, heimische Arten zu verdrängen.
Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Anpflanzung nicht heimischer Baumarten sind die Mammutbäume in der Stuttgarter Wilhelma. Hier, im Mammutbaum-Hain, erinnert eine Kathedrale aus Bäumen die Besucher an Kalifornien. Die Stuttgarter Bäume wurden 1864 unter König Wilhelm I. von Württemberg gepflanzt. Er wollte neue Arten in seinen Gärten etablieren und war an der Holzproduktion interessiert. Aber das Holz lässt sich schlecht bearbeiten. Wilhelm I. wusste davon noch nichts, doch er ließ seine Leute 10.000 Setzlinge der Bäume heranziehen. Sie wurden in ganz Baden-Württemberg gepflanzt, vor allem jedoch in Stuttgart, wo sie noch heute das Stadtbild prägen.
Wilde Papageien in Städten: Der Halsbandsittich
Vor über 50 Jahren tauchten sie in Köln auf: Aus Käfigen entflohen, haben sich Halsbandsittiche schnell vermehrt und besiedeln in Deutschland ein Gebiet zwischen Stuttgart und Münster, dieses Mal aber nicht in Berlin. Caroline Ring konnte die hellgrün leuchtenden Papageien bei einem morgendlichen Ausflug am Kölner Rheinufer beobachten. Dort haben sie sich mehrere Bäume zu ihrem Zuhause gemacht. Der städtische Baumbestand und das Nahrungsangebot in Parks und großen Gärten bieten ihnen ideale Lebensräume.
Eine beeindruckende Geschichte über Mauersegler
Mauersegler sind faszinierende Tiere! Sie verbringen die meiste Zeit ihres Lebens in der Luft und fliegen zwischen ihren Brutgebieten im Norden und ihren Winterquartieren im südlichen Afrika hin und her. Während ihrer Reise können sie nicht nur im Flug übernachten, sondern auch Nahrung suchen und sich sogar paaren. Trotz ihrer Wendigkeit kann vor allem den Jungvögeln etwas zustoßen, so dass sie auf menschliche Hilfe angewiesen sind. Es gibt zahlreiche Freiwillige, die sich um verletzte Tiere kümmern. Mauersegler sind an die städtische Umgebung gewöhnt, doch verlieren sie ihre Nistplätze, wenn diese während ihrer Abwesenheit verbaut werden. Ein Helferin in Weimar, von der Caroline Ring respektvoll berichtete, beobachtete Baustellen und setzte sich für den Bau von Nistkästen ein. So konnte sich die Population vor Ort erholen. Bei einem Besuch in ihrer Wohnung, fütterte und pflegte die Helferin den ganzen Tag lang verletzte Mauersegler – knapp zwanzig Tiere, die bei ihr zwischenzeitlich zur Pflege untergekommen waren.
Dr. Stephan Seiler
Aufzeichnung des Vortrages in der Katholischen Akademie