Im Zauberwald – Warum Moose nicht nur schön, sondern auch bedeutend sind

Vortrag von Prof. Dr. Ralf Reski (Pflanzenbiotechnologie Universität Freiburg)


Der Freiburger Pflanzenbiotechnologe Professor Ralf Reski sprach im Rahmen der Vortragsreihe Mensch und Schöpfung über die faszinierende Welt der Moose. Dabei gab Reski dem Publikum nicht nur Einblicke in die Evolution des Lebens und die dafür unentbehrliche Rolle der Moose. Er berichtete auch über die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten in der Pharmazie und ging insbesondere auf die wichtige Funktion der Moore im Klimaschutz ein..

Der blaue Planet – oder besser – der blau-grüne Planet

Unsere Erde, der blaue Planet, ist in Wirklichkeit ein blau-grüner Planet. Das grüne Element, die Pflanzen sind für die Photosynthese zuständig: Sie binden CO2 und geben Sauerstoff ab. Sie machen somit menschliches Leben erst möglich, denn wir benötigen den Sauerstoff und geben CO2 ab. Alles Leben auf der Erde hat einen gemeinsamen Vorfahren. Charles Darwins Theorie zur Evolution besagt zudem, dass das Leben sich in keiner pfeilgeraden Richtung entwickelte, sondern sich wie ein Gebüsch mit mehreren Verästelungen darstellt. Der ukrainisch-amerikanische Genetiker und Evolutionsbiologe Theodosius Dobzhansky brachte die Entwicklung des Lebens auf den Nenner: „Nothing in biology makes sense, except in the light of evolution“. Vor 500 Millionen Jahren begann die Entwicklung der ersten Landpflanzen aus Süßwasseralgen. Anhand der Moose lässt sich die weitere Entstehung der Pflanzen gut nachvollziehen: Die Vorkeime erinnern an die Uralgen, die Triebe erinnern an Stämme und Blätter.

Moose verändern den Planeten

Diese ersten Pflanzen, die im Prinzip schon Moose waren, brauchten keine Wurzeln, denn es gab zunächst nur Fels als Landmasse. Die Urpflanzen förderten die chemische Verwitterung von Gesteinen, indem sie viele organische Säuren absonderten. Durch ihre schnelle Entwicklung auf dem Planeten fixierten sie einen hohen Anteil von CO2 durch Photosynthese. Das CO2 verringerte sich in der Atmosphäre vom 22-fachen Anteil zu heute zum achtfachen Anteil. Dieser rasche Rückgang reichte aus, um eine Eiszeit auszulösen. Der Anteil an Sauerstoff in der Atmosphäre stieg hingegen auf 15 %. Ab dieser Schwelle kann sich komplexes tierisches Leben an Land entwickeln. Moose bereiteten demnach den Boden für die weitere Entwicklung des Lebens, letztlich auch unseres menschlichen Lebens. Der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Moosen lebte vor 500 Millionen Jahren!

Moorschutz ist Klimaschutz

Moore bestehen hauptsächlich aus Torfmoosen. Moore werden abgebaut, um Torf zu gewinnen, da dieser nach wie vor unentbehrlich für den Gartenbau ist. Zwar gibt es Forschungen an Torfersatzstoffen, aber immer noch wird Torf in Deutschland importiert. Torfmoose haben besondere Oberflächen, die das zwanzigfache des Eigengewichts an Wasser speichern können. Moore haben weltweit ca. doppelt so viel Kohlenstoff gespeichert wie alle Wälder der Erde zusammen. Trockengelegte Moore verursachen allein in Deutschland ca. 7,5 % der Treibhausgasemissionen. Intakte Moore hingegen sind spezielle Ökosysteme, die auch äußerst wichtig für den Artenschutz sind. Daher stellt sich die Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, Moorschutz und -nutzung zu vereinbaren.

Der Beitrag von Professor Reski und seinen Projekten nennt sich Paludikultur; dabei handelt es sich um eine feuchte Kultivierung. Das sogenannte Sphagnum Farming bedeutet die Kultivierung von Torfmoosen. Die Idee dahinter ist, Torfmoose als erneuerbares Rohmaterial für den Gartenbau zu kultivieren. Die Sphagnum Biomasse hat die gleichen Eigenschaften wie Weißtorf (= junger Torf) und wurde bereits erfolgreich im Gartenbau getestet, jedoch noch nicht als Ausgangsmaterial für eine groß angelegte Nutzung. Kann die Biotechnologie Laborstämme für die großflächige Nutzung etablieren? Torfmoos kann in der Petrischale als Klone aus einer Spore wachsen. Unter optimalen Bedingungen vermehren sie sich schnell im Bioreaktor. So können einzelne Torfmoose innerhalb von 24 Tagen bis zum 50fachen an Biomasse gewinnen. Diese Moose können direkt auf das Feld gebracht werden und wachsen dort weiter. Professor Reski und die Universität Freiburg haben aktuell zwei Projekte mit verschiedenen Förderern und Partnern bewilligt bekommen. PALUDIFarming wird gefördert durch das niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Auf der Forschungsfläche in Barver im Landkreis Diepholz werden die Verfahren getestet. Vorhandene Moore werden geflutet und mit den im Labor vermehrten Moosen versehen. Das Projekt MOOSstart, mit seiner Forschungsfläche im Hankhauser Moor, wird durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Weiter Informationen unter:

https://plant-biotech.net/index.html

https://www.moss-stock-center.org/en/index.html

Dr. Stephan Seiler

Aufzeichnung des Vortrages in der Katholischen Akademie

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