Klang und Lärm in den Ozeanen

Vortrag von Elke Burkhardt, Alfred-Wegener-Institut, Bremerhaven


Der natürliche Klang der Ozeane – dem Lärm der menschlichen Nutzung der Meere entgegengestellt. Elke Burkhardt, Biologin am Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven, entführte in ihrem Vortrag der Reihe „Mensch und Schöpfung“ das Publikum in die Weiten der Ozeane. Sie berichtete über die aktuellsten Forschungen in Sachen Lärmverschmutzung der Weltmeere und präsentierte Lösungsvorschläge zur Erhaltung der Lebensräume.

Der Klang der Ozeane

In den Ozeanen ist es niemals vollkommen still, natürliche Geräusche sind überall zu hören! Sie lassen sich in Biophonie und Geophonie unterscheiden. Biophonie wird von Tieren verursacht: Fische beispielsweise erzeugen tieffrequente Ttöne, Wale und Robben kommunizieren unter Wasser miteinander. Dort sind die Schallfrequenzen viermal schneller als in der Luft . Schall breitet sich Unterwasser schnell und weit aus, Unterwasser ist er ungefähr schneller als in der Luft. Rufe sind daher ideal zu Kommunikation und Orientierung Unterwasser geeignet, in einer Welt in der die Sicht sehr beschränkt ist. Unter Geophonie werden Klänge verstanden, die durch Wellen, Stürme, Regen und Erdbeben entstehen. Auch Eisberge, die auseinanderbrechen und aneinanderreibendes Eis können laute  laute Geräusche erzeugen. Elke Burkhardt präsentierte dazu beeindruckende Tonbeispiele. Der von Menschen erzeugte Schall wird Anthropophonie genannt. In vorindustrieller Zeit war ihr Anteil gering und drang  nur in die obersten Ozeanschichten ein, es handelte sich dabei meist  um Geräusche der nichtmotorisierten Schifffahrt. In unserem heutigen Anthropozän übertönen Schifffahrt, Militär, Fischfang, Offshore-Windparks sowie Erdgas- und Ölexploration und -förderung bei weitem die natürliche Schallproduktion. Der vom Menschen verursachte Lärm ist dauerhaft und quasi überall. Alle Geschräusche dieser drei Kategorien zusammen genommen bilden das sogenannte Soundscape oder die Klanglandschaft in den Ozeanen.

Tierische Töne

Doch was hören Tiere überhaupt von alledem und wozu benötigen sie Klänge? Dazu muss zwischen den verschiedenen Arten unterschieden werden. Wirbellose Tiere haben Sinneszellen, mit denen sie vorwiegend Teilchenbewegung und Vibrationen wahrnehmen können. Fische verfügen über einfache Ohren, mit denen sie niedrige Frequenzen hören, Robben und Wale über Säugetierohren, die besonders an das Hören unter Wasser angepasst sind. Viele tieffrequente  Töne dieser Tiere sind für den Menschen nicht zu hören, mit Hilfe von sogenannten Spektrogrammen können  Klänge sichtbar gemacht werden. Besonders anschaulich ist eine solche Klanglandschaft am Beispiel eines Langzeitspektrogramms aus dem Südpolarmeer, da hier die menschlichen Eingriffe relativ gesehen am seltensten sind, überwiegen Klänge aus der Bio- und Geophonie Antarktische Blauwale kommunizieren tieffrequent miteinander. Um ihre Laute für den Menschen hörbar zu machen, müssen Aufnahmen ihrer Töne schneller abgespielt werden. Im Nordpolarmeer ist der Anteil der menschlichen Geräuschkulisse durch Airguns (Luftpulse, die bei der Untersuchung des Meeresbodens erzeugt werden), Pfahlrammarbeiten  von Offshore-Windanlagen und den Schiffsverkehr viel größer, sie übertönen (= maskieren) die Kommunikation beispielsweise von Finnwalen. Die Tiere können sich untereinander nicht verstehen oder erkennen keine Fressfeinde. Neben der Kommunikation untereinander sind die Klänge auch für die Nahrungssuche und Orientierung   wichtig.

Um Aufnahmen von Unterwassertieren zu sammeln werden Unterwasserrekorder mit speziellen Mikrofonen, sog. Hydrophone eingesetzt, die an einer Leine, oft mit anderen Messgeräten in das Meer eingelassen und durch ein Gewicht am Meeresboden verankert werden. In Regionen wie den Polarmeeren  werden diese Verankerungen in der Regel alle zwei bis drei Jahre ausgetauscht und die Unterwasserrekorder sammeln in dieser Zeit  akustische  Daten. Die  ausgewerteten Daten liefern Informationen zu Vorkommen und Verhalten der Tiere und ermöglichen die Auswirkungen unserer menschlich erzeugten Geräuschkulisse auf sie studieren. Entfernten Lärm können Unterwassertiere noch einigermaßen ignorieren. Kommt dieser jedoch näher oder wird die Lautstärke gesteigert, lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Lärmquellen und Verhalten von  Tieren feststellen. Reaktionen auf den Lärm können vielfältig sein, wie das  Verlassen von  Regionen,  Problemen bei der Nahrungssuche und anderen Verhaltensänderungen Lärm kann auch zu einer vorübergehenden oder permanenten Hörschädigung führen. In seltenen Fällen wurden Strandungen von Tieren, die zu ihrem Tod führten direkt mit Lärm in Verbindung gebracht.

Schlussfolgerung

Lärm ist ein weitverbreiteter Schadstoff, der die natürliche Klangkulisse in den Ozeanen beeinträchtigt. Leider wird dieser Lärm meist jedoch nicht eindeutig als Stressfaktor anerkannt auch nicht von wichtigen internationalen politischen Organisationen wie der UN und es fehlen Richtlinien zur Lärmreduzierung. Vereinzelt wird das Problem erkannt, wie z.B.  durch die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union. Doch auch deren Ziele wurden bislang nicht erreicht.

Das gute an Lärm ist, dass er sofort aufhört, wenn seine Quelle stillgelegt wird. Anders als bei Mikroplastik oder sonstigen Verschmutzungen wäre es also möglich, in diesem Bereich relativ schnell gute Ergebnisse zu erzielen: Durch modernen Schiffsbau und Propellerdesign könnten die Kavitation (Dampfblasen, die innerhalb von kurzer Zeit im Wasser entstehen und wieder zusammenfallen)  verringert werden, die durch Schiffsschrauben entstehen, oder ganz einfach: Schiffe sollten langsamer fahren und in größerer Entfernung an Naturschutzgebieten vorbeigeleitet werden. Offshore-Windparks könnten schwimmen, anstatt mit Pfeilern im Meeresboden verankert zu werden. Wie auch immer, es müssen die Probleme des menschlich verursachten Lärmes in und auf den Ozeanen angegangen werden, um dieses einzigartige Ökosystem zu schützen und den Lebensraum der Tiere zu erhalten.

Dr. Stephan Seiler/Elke Burkhardt

Aufzeichnung des Vortrages in der Katholischen Akademie

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