Vortrag von Prof. Dr. Randolf Menzel (Berlin)
Was man von Windschutzscheiben ablesen kann
Wer kann sich noch an die saftig-bunten Blumenwiesen, über der es brummt und summt erinnern, fragte Prof. Dr. Randolf Menzel zu Beginn seines Vortrags unter dem Titel „Die Pestizidbelastung bei den Bienen und ihre Auswirkungen auf Ihr Lernverhalten, Navigation und Tanzkommunikation“. Der Professor für Zoologie und Physiologie von der FU Berlin ist weltweit bekannt für seine jahrzehntelangen Forschungen über das Gehirn der Bienen und ihr Gedächtnis.
Tatsächlich sind seit Mitte der 80er Jahre bereits 70% aller Insekten hierzulande verschwunden. Dieser Mangel fällt allerdings kaum auf. Deutlich wird der Mangel jedoch auf der Windschutzscheibe der Autos: sie sind nach langen Fahrten nicht mehr so dreckig wie früher. Das Fehlen der manchmal als lästig empfundenen Insekten hat fatale Folgen für die Ökologie und Umwelt von Mensch und Tier insgesamt.
Die Biene als sensibler Indikator für die Auswirkungen von Pestiziden und andere Insektenschutzmittel
Die in der Landwirtschaft verwendeten Pestizide werden von den Bienen über den Nektar und den Pollen aufgenommen. Neonikotinoide werden zum Beispiel bei der Saatgutbehandlung von Mais und Raps eingesetzt. Selbst geringe Dosen haben erhebliche Auswirkungen auf das Lern- und Sozialverhalten dieser intelligenten Tiere. Dies führt oftmals dazu, dass die Biene von ihrem Ausflug nicht mehr nach Hause in ihren Stock zurückfindet oder länger braucht, um sich zu orientieren. Auch findet dann weniger soziale Kommunikation (Schwänzeltanz) zwischen den Tieren statt. Über den Nektar, den die einzelne Biene in den Stock bringt, werden ihre Stockgenossen ‚angesteckt‘.
Da die Bienen so sensibel auf Umweltbelastungen durch Pestizide reagieren, können sie auch gezielt als Umweltspäher eingesetzt werden.
Die Macht des Einzelnen
Die Natur, die Artenvielfalt und sogar das ökologische Gleichgewicht haben gegenüber wirtschaftlichen Interessen das Nachsehen. Zumindest die Zuhörer sind sich am Ende des Vortrags einig, dass die Natur in ihrer Vielfalt auch für die Nachkommen erhalten werden muss. Zum Erhalt der Schöpfung beitragen kann jeder Endverbraucher, der durch sein Kaufverhalten die Produktion maßgeblich beeinflusst.
Dr. Stephan Seiler